Unsere erste Tour ist eine Halbtagestour und beginnt um 14:00 Uhr. Zu Fuss, schnellen Schrittes entfernen wir uns vom Dorf in Richtung El Vergel. 4 km steigen wir die Treppen hinunter in die Schlucht bis zum Ende des Tales, wo die Wasserfälle El Vergel in den Fluss plätschern. Entspannt können wir ein, zwei Züge im hier tieferen, kühlen Wasser ziehen, bevor wir uns auf den Weg zum grossen Canyon machen. Ganz nach dem Motto, wo man runter geht muss man irgendwann auch wieder hoch, erklimmen wir die mühsamen Treppen bis hin zum wunderschönen Aussichtspunkt Canon de Torotoro. Papageien fliegen durch die Schlucht und ich komme mit Bryan ins Gespräch.
Nach einer Weile Frage ich Bryan „Weisst du, ob es wahr ist, dass in Bolivien immer noch Menschen geopfert werden? Unsere Guides ziehen uns immer damit auf, dass die meisten Einheimischen, Touristen für dieses Ritual nehmen. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass das in Wirklichkeit so ist.“ „Jeden ersten Freitag im Monat und an Festen wie Weihnachten führen wir keine Touren durch. Weisst du wieso?“ fragt mich Bryan und fährt fort „ Das sind die Tage der Opfergaben. Es ist gefährlich dann Führungen durchzuführen, besonders, mit Jugendlichen, die zusammen feiern und vielleicht gar betrunken sind. Geopfert werden nämlich meistens Betrunkene. Es stimmt also. Wenn du ein kleines Häuschen baust, reicht eine kleine Gabe, z.B. ein Lama-Baby. Baust du aber ein grosses Haus mit mehreren Stöcken, so glauben die Indigenos, muss ein Mensch geopfert werden. Oft werden dafür Obdachlose lebendig in den Beton gestossen.“
Ich bin geschockt und zweifle an der Menschheit, aber auch an dieser Geschichte. Sie ist mir in verschiedensten Formen schon so oft begegnet, dass ich nicht mehr weiss, ob es eine traurige Tatsache oder eine schauerhafte Geschichte ist.
Auf dem Nachhauseweg führt uns Fausto durch einen Park. Urplötzlich stehen wir vor riesigen Fussabdrücken. Dinosaurier aller Art passierten einst genau hier diesen Weg. Ihre Fussabdrücke bescheren uns jetzt besondere Eindrücke. Vor meinem inneren Auge kann ich mir vorstellen, wie Langhälse, Ankilosaurier und T-Rex an mir vorbeiziehen, an den Hängen grasen oder hinter den Büschen auf der Lauer liegen.