Cajon del Maipo

 

12.04.2017

Heute stehen wir in der Früh auf, es war die letzte Nacht in Santiago. Zu Fuss gehen wir zu einem Autovermieter. Dort angekommen, können wir im Büro des Kundenservices Platz nehmen. Ein Herr fragt uns freundlich, ob wir Spanisch sprechen. Ich verziehe meine Mundwinkel und meine: „no entiendo mas. Inglés?“ Er ist nicht erfreut darüber, die Verständigung klappt aber dann doch.

 

Noch kurz alle Schäden dokumentieren und ab geht es, auf die Strassen von Santiago. Natürlich nimmt Thomas das Steuer in die Hand, ich wollte nicht ich müsste. Meine Strategie? Nebenan sitzen und ruhig sein. Ziemlich schnell ist Thomas genervt von den Chilenen, die sich nicht viel aus Strassenregeln machen. Trotzdem ist die Unabhängigkeit, die wir mit diesem Auto haben, eine willkommene Abwechslung. Wir möchten zu Maria, die in Quilpué, Belloto lebt. Auf dem Weg dorthin machen wir einen Abstecher zum Cajon del Maipo. Ein wunderbares Tal in Mitten der Anden. Der Cajon del Maipo besteht aus einer nicht zu enden wollenden Strasse, die man gut mit dem Auto befahren kann. Wir machen von Zeit zu Zeit halt und geniessen die ungewöhnliche Weite an verschiedenen Aussichtspunkten. Je tiefer wir in die Anden fahren, desto schöner wird die Gegend. Freie Pferde, Cowboys und Kühe treffen wir dort an. Die Vegetation ist so abwechslungsreich, dass du auf einem Foto, Schnee, Wüste und Weide vereinen kannst. Auch viele Touristenattraktionen wie geführte Trekkingtouren durch den Nationalpark oder Riverrafting wird hier angeboten. Am Ende des Tales findet man Warme Therme (z.B. Banos Colina) zum Baden.

 

Plötzlich funktioniert das GPS nicht mehr. Da fahren wir also, durch die unendliche Weite, in einem mir völlig fremden Land, ohne GPS, ohne Netz und im Hintergrund läuft: I want to breake free von Queen. Ja, das ist wahrlich ein Feeling.

 

Nach 2 Stunden Fahrt durch das Tal müssen wir uns langsam auf den Heimweg begeben. Heimweg heisst in unserem Fall in Richtung Quilpué. Wir haben keine Ahnung wo sich dieses Dorf befindet, wir haben uns zwar vorher schlau gemacht, die Ortsangabe Belloto, Quilpué, Valparaiso, Vina del Mar hilft uns da allerdings genauso wenig, wie unser geographisches Gedächtnis. Ja wo denn jetzt? In Quilpué? Oder doch eher in Valparaiso? Das Navi, das sich inzwischen doch wieder entschieden hat, uns zu helfen führt uns über unbefahrene Strassen durch unberührte Natur. Und siehe da, auch Thomas überholt bereits wie ein Chilene. Ob ich das gut finden soll? Egal, die Beifahrerin hält lieber still.

 

Nach 3 Stunden Fahrt, biegen wir in die Calle Jacinto ein. Die Nacht ist über uns eingebrochen. Wir stellen den Motor ab, ich möchte Maria anrufen und ihr erklären wo wir sind. Leider kann Maria dann doch nicht so gut Englisch wie gedacht und über das Telefon ohne Hände und Füsse ist die Verständigung sehr schwierig. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Mittlerweile haben sich bestimmt ein Dutzend heulende Hunde um unser Auto versammelt. Die Verbindung war abgebrochen und es ist keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Ich versuche ruhig zu bleiben und bitte Thomas, doch an eine etwas befahrenere Strasse zu fahren. Thomas stimmt mir zu und möchte den Zündschlüssel drehen. Doch was ist das? Nichts? Keine Hektik sage ich mir, wir versuchen es einfach noch einmal.

 

Sieht man doch oft im Fernseher, eine Frau im Dunkeln alleine, in einer Gegend die sie nicht kennt, umzingelt von Wölfen, die Schlinge wird enger. Sie bekommt Panik, versucht den Zünder 1x 2x 3x zu drehen, sie wird immer nervöser, man spürt vor dem Fernseher förmlich die Verzweiflung und wenn sie es schon fast aufgegeben hat, da! Das Auto springt an, Happy ending! Yeah…

 

Nicht so bei uns. Das Auto? Wie sagte der Nachbar so nett: „Muerto!“ Just in dem Moment kehrt ein Auto in die Einfahrt ein. Ich versuche Maria anzurufen und es klappt. Ich renne zu dem Herrn auf der anderen Strassenseite und bitte ihn, mein Telefon zu nehmen und Maria zu erklären wo wir sind. Glücklicherweise ist er der Nachbar von Kote, so nennen sie die Nachbarn liebevoll. Glück im Unglück. Wir waren die ganze Zeit einige Meter vom Haus entfernt. Mit vereinten Kräften schieben wir unser Auto, das seltsam stöhnt, in die sichere Einfahrt. Schnell war, mir scheint, das halbe Dorf versammelt um uns zu helfen. Doch keiner hatte eine gute Prognose: „Muerto! Todo es muerto!“. Maria bittet uns ins Haus: „Habt ihr Hunger? Ich koche Pizza für euch. Duschen? Komm hier kannst du duschen. Morgen kommt mein Vater, er wird uns helfen, morgen schauen wir wegen dem Auto. Heute müsst ihr euch erholen. Manana, manana. Tranquillo.“ Trotz Verständigungsprobleme, gibt sie sich grösste Mühe. Und eine Stunde später, sitzen wir bereits gemeinsam am Tisch und erzählen einander über das Leben und die Sprachbarriere wird langsam kleiner. Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt.

 

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